Berlin war großartig! Offensichtlich haben sie an dem einen Tag den Akku wieder aufladen können. Der Auftritt stand dem im Dezember in nichts nach wie ich finde und hatte hinsichtlich Merchandising sogar noch besseres zu bieten, es gab nämlich sehr ansprechende Shirts, aber das nur am Rande.
Zur Setlist muss man ja nicht mehr viel sagen, außer dass man sie dem guten Thurston vielleicht doch besser hingeklebt hätte, dann wäre er nicht drauf und dran gewesen, "Kissability" zu unterschlagen. Überhaupt Thurston: Als der Rest das Intro eines Stückes anstimmte, verschwand er von der Bühne, Kim und Lee wussten wohl auch nicht so genau was los war und klimperten vor sich hin, bis er nach ein paar Minuten wiederkam und einsetzte. Später erfuhr ich dann, dass er seine Kontaktlinsen verloren und seine Architektenhornbrille geholt hat.
Während der Daydream-Nation-Aufführung waren sie übrigens zu viert auf der Bühne, erst zur Zugabe kam dann Steve Ibold (so richtig?) mit dazu. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass sie dann noch 2, 3 neue Stücke spielen würden, aber es waren dann noch 5 von Raher Ripped und zwischendrin "Bull in the Heather", was ich persönlich als mittelgroße Überraschung einstufen würde, aber das weiß Tobias sicher besser, ob das bei den aktuellen Konzerten öfter auftaucht.
Nun, und dann kam das große Deja vú. Letztes Stück gespielt, Band runter von der Bühne, Hintergrunddudelmusik setzt ein, Licht an, Abbau... und das Publikum klatscht und jubelt und will einfach nicht gehen. Und wie im Dezember, nach recht langer Zeit (aber gefühlt kürzer als im Dezember), wird nochmal ein Mikro eingestöpselt und die Band kommt nochmal auf die Bühne und spielt "What A Waste".
Jetzt frag ich mich ja: Ist das Berliner Publikum tatsächlich so überdurchschnittlich euphorisch, dass sich die Band bei zwei Konzerten in der Stadt hintereinander bemüßigt fühlt, für eine spontane Zugaben zurückzukommen? Oder steckt da womöglich Kalkül hinter? Was ja durchaus raffiniert wäre, so gibt man dem Publikum das Gefühl, etwas ganz besonderes erlebt zu haben.
Aber davon abgesehen, es war von der Spiellaune ganz glorios, in jeder Minute hatte man das Gefühl, dass da eine Band auf der Bühne steht, für die ihre Musik und die Konzerte wirklich Passion und nicht Business sind. Und was ich für mich gemerkt habe, was das Spezielle an Sonic-Youth-Konzerten ist, ist die Kombination aus richtig Energie in den Stücken, aber das in einer wahnsinnigen Lässigkeit (nicht Nachlässigkeit!) dahergespielt. Davon können sich viele junge Bands eine Scheibe abschneiden. Und wenn man ehrlich ist: Am besten sind Sonic Youth immer dann, wenn Kim vom Bass befreit ist und in ihrem Glitzerkleidchen über die Bühne fegen kann.