Gig-o-mania

[Johannes]

Früher habe ich auf Konzerten gerne vor Beginn die Leute beobachtet, dabei habe ich recht schnell festgestellt, dass die Leute sich von Konzert zu Konzert kaum unterscheiden, ob man nun Indie-Rock oder U2 sehen wird, eine verlässliche Aussage kann man darüber im Vorraum der Halle kaum treffen. Wenn man einen Cowboyhut sieht, könnte das auf Dylan deuten, aber auch nur, wenn man in Hessen ist.

Allerdings gibt es da eine ganz große Ausnahme: Wenn man sich wundert, warum so viele Trainingsjacken und Cordhosen die Stadt bevölkern, und hinter Hornbrille und unter Nicht-Frisur zwei gelangweilte Augen sitzen, dann ist man mal wieder auf dem Weg zu einem Tocotronic-Konzert.

Und: die sind echt gut geworden, ein ganz hervorragendes Konzert, von dem ich erstmals behaupten würde, das sei in der Form nicht nur was für Tocotronic-Fans.

Schön:
weiblicher Fan, mit glockenheller Stimme in eine Pause zwischen zwei Liedern hinein: "Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein!"
D.v.L. mit verständnisvoller Gestik: "Für uns ist der Zug schon abgefahren."

[Blödian im Ballkleid]

Ich habe vergangenes Jahr in Köln die gegenteilige Erfahrung gemacht. Ich war geradezu >entsetzt< wie "normal" die Leute auf dem Toco Gig aussahen. Keine Trainingsjacken, nichts von DEN Frisuren zu sehen. von Indie & vierzehn bis in die vierziger hinein alles vertreten, halb tanzend halb stehend. Alles dabei. Die Gleichschaltung ist schon längst vollzogen. Zumindest in der Mittelschicht. Im unteren Segment schwört man auf Tattoos, aber selbst das ist nur scheinbar.

[trickster]

Ich habe vergangenes Jahr in Köln die gegenteilige Erfahrung gemacht. Ich war geradezu >entsetzt< wie "normal" die Leute auf dem Toco Gig aussahen. Keine Trainingsjacken, nichts von DEN Frisuren zu sehen. von Indie & vierzehn bis in die vierziger hinein alles vertreten, halb tanzend halb stehend. Alles dabei. Die Gleichschaltung ist schon längst vollzogen. Zumindest in der Mittelschicht. Im unteren Segment schwört man auf Tattoos, aber selbst das ist nur scheinbar.

Kann ich nur bestätigen. Differenzierung findet nicht mehr statt.
Tattoo ist auch schon ausgelutscht.
Gerade bei Brown diese Woche stellte ich das fest. Früher war eine Tour etwas besonderes und man ging vielleicht auf 1 oder 2 Gigs im Jahr. Das war ein Event. Heute ist es Konsum, je mehr desto besser.
Ich hätte da eigentlich auch nichts mehr zu suchen, sondern mein Platz wäre auch schon auf dem Sofa vor dem TV (Nina Hagen wusste es schon früh).